Konflikte in der Schule sind Teil des Schulalltages. Die meisten sind kleinerer Art und werden in der Schule respektive der Klasse besprochen und geklärt. Wird es intensiver, gibt es erst niederschwellige Maßnahmen wie der Eintrag in das Hausaufgabenheft oder einen Elternbrief/ Anruf/ Tadel. Wird der Schulfrieden jedoch massiv gestört oder kommt auch eine Ordnungsmaßnahme in Betracht.
Erziehung oder Ordnung
Lehrkräfte können dann eine Vielzahl von Erziehungsmitteln einsetzen. Diese können durch Lehrkräfte selbst oder auch durch eine Konferenz beschlossen werden. Erziehungsmittel sind pädagogische Mittel der Erziehung, d. h. es sind keine Verwaltungsakte, die in die Rechtsstellung der Schüler*innen eingreifen. Dadurch sind auch keine Widersprüche gegen sie möglich. Ihre Wirkung soll pädagogischer Natur sein und eine Verhaltensänderung begleiten und unterstützen. Zu Erziehungsmaßnahmen lesen Sie mehr auf der Informationsseite zum Thema Erziehungsmaßnahmen.
Ordnungsmaßnahmen hingegen sind Verwaltungsakte und müssen formellen Anforderungen genügen. Gegen sie sind Widersprüche zulässig.
die rechtliche Lage
Zulässigkeit
Manchmal nehmen die Konflikte jedoch eine Form an, bei der Gewalt (körperliche oder verbale) eingesetzt wird oder die Rechte auf Unversehrtheit sowie der Entfaltung der Persönlichkeit(-sbildung) stark beschädigt werden. Gleiches gilt für nachhaltige und erhebliche Störungen des Schulbetriebes (Unterricht) und Verletzungen der schulischen Pflichten. In diesen Fällen können Ordnungsmaßnahmen durch eine Konferenzentscheidung angeordnet werden. Das niedersächsische Schulgesetz sieht in § 61 Abs. 2 Folgendes vor:
Ordnungsmaßnahmen sind zulässig, wenn Schülerinnen oder Schüler ihre Pflichten grob verletzen, insbesondere gegen rechtliche Bestimmungen verstoßen, den Unterricht nachhaltig stören, die von ihnen geforderten Leistungen verweigern oder dem Unterricht unentschuldigt fernbleiben.
Quelle: Niedersächsische Schulgesetz, § 61
Abschließende Aufzählung
Da Ordnungsmaßnahmen Verwaltungsakte darstellen, sind sie an eine genau festgelegte Form gebunden. So sind die möglichen Ordnungsmaßnahmen im niedersächsischen Schulgesetz § 61 Abs. 3 abschließend aufgelistet:
- Ausschluss bis zu einem Monat vom Unterricht in einem oder mehreren Fächern oder ganz oder teilweise von den außerunterrichtlichen Angeboten,
- Überweisung in eine Parallelklasse,
- Ausschluss bis zu drei Monaten vom Unterricht sowie von den außerunterrichtlichen Angeboten,
- Überweisung an eine andere Schule derselben Schulform oder wenn eine solche Schule nicht unter zumutbaren Bedingungen zu erreichen ist, an eine Schule mit einem der bisherigen Beschulung der Schülerin oder des Schülers entsprechenden Angebot,
- Verweisung von der Schule,
- Verweisung von allen Schulen.
Eine Maßnahme nach Absatz 3 Nummer 3 bis 6 setzt voraus, dass die Schülerin oder der Schüler durch den Schulbesuch die Sicherheit von Menschen ernstlich gefährdet oder den Schulbetrieb nachhaltig und schwer beeinträchtigt hat.
Für den Bereich der Grundschulen sind die Nummern 5 + 6 ausgeschlossen.
Weitere Informationen zu Ordnungsmaßnahmen können Sie auf der Informationsseite zum Thema Ordnungsmaßnahmen nachlesen.
ist das noch pädagogisch?
Die Frage aber ist, ob eine Ordnungsnahme – wie die altbekannte Suspendierung vom Unterricht für eine bestimmte Zeit – ein pädagogisches Mittel ist?
Die Antwort ist oft NEIN! – aber …,
das müssen sie auch nicht sein! Ordnungsmaßnahmen sind, wie der Name es auch schon sagt, eine Maßnahme, um Schüler*innen zur Ordnung zu rufen. Dabei ist die rechtliche Formulierung noch recht diplomatisch gehalten. Ordnungsmaßnahmen sind das letzte Mittel von Schulen, unerwünschtes oder unerlaubtes Verhalten zu ahnden und zu maßregeln. Hierbei geht es nicht mehr darum, mit pädagogischen Mitteln auf Schüler*innen einzuwirken oder zu versuchen, sie zu erziehen und zum Umdenken zu bewegen. Diese Prozesse haben vorher stattgefunden und waren dann offensichtlich nicht zielführend und nicht erfolgreich. Als Ultima Ratio der Schulen im Rahmen des Schulgesetzes und des Verwaltungsrechtes geht es bei Ordnungsmaßnahmen nicht mehr vordergründig um den agierenden Schüler/den Täter/den Aggressor und deren Resozialisierung. Sie dienen dieses Mal dem Schutz und dem Interesse der Öffentlichkeit bzw. der Betroffenen sowie der (Wieder-)Herstellung des Schulfriedens und der Gewährleistung eines störungsfreien Unterrichts.
Die Gewalt an Schulen, auch die steigende Gewalt an Grundschulen, gleich welcher Art (körperliche und verbale Gewalt, Mobbing, Diebstahl, Nötigung, Sachbeschädigung, Ehrverletzungen und Verletzungen der Würde …) ist m. E. ein Indiz dafür, dass die pädagogischen Mittel und Ressourcen entweder
nicht in ausreichendem Maße angewendet werden,
oder diese nicht (mehr) zur Verfügung stehen.
Konsequenzen
Wenn das Instrument der Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen, aus welchen Gründen auch immer, nicht angewendet wird, so ist dies sehr bedauerlich und geht zulasten derer, die ihr Recht auf ungestörten Unterricht und Unversehrtheit in der Schule in Anspruch nehmen wollen. Das gilt für Schüler*innen und Lehrkräfte gleichermaßen.
Wenn die Instrumente der Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen ausgeschöpft sind und auch die Einbeziehung Dritter, wie Beratungs- und Unterstützungssysteme, das Jugendamt (ASD, allgemeiner sozialer Dienst), Erziehungsberatungsstellen sowie die Mitarbeit der Erziehungsberechtigten nicht zum Erfolg führen oder gar konterkariert werden, fehlt derzeit die pädagogische und rechtliche Handhabe für die Schulen.
Leider geht der Trend immer mehr dahin, dass die Verantwortung für Kinder auf andere Institutionen und Personen weitergeschoben wird und die Schule letztlich vor Ort alleine mit den Problemen dasteht.