Klassenfahrten und Wandertage – eine Herausforderung in puncto Planung, Aufsicht, Durchführung und Kosten. Doch zunächst einmal müssen die Begrifflichkeiten geklärt werden. Umgangssprachlich reden wir von Klassenfahrten und Wandertagen. Richtig ist jedoch die Bezeichnung Schulfahrten. Diese unterscheiden wir zwischen mehrtägigen Schulfahrten mit Übernachtung (Klassenfahrt) und eintägigen Schulfahrten ohne Übernachtung (Wandertag).
So schreibt das regionale Landesamt für Schule und Bildung (RLSB):
Neben dem Unterricht sind Schulfahrten eine weitere Art von Schulveranstaltungen, um dem Bildungsauftrag der Schule gerecht zu werden und Bildungs- und Erziehungsziele zu verwirklichen. Ziele und Inhalte werden deshalb auch vorrangig nach diesen Schwerpunkten und weniger nach touristischen Aspekten ausgewählt. Bei eintägigen Fahrten sind Schülerinnen und Schüler verpflichtet, daran teilzunehmen. Soweit auch Übernachtungen geplant sind, können sie stattdessen auch am Unterricht anderer Klassen teilnehmen.
Quelle: https://bildungsportal-niedersachsen.de/schulorganisation/schulbesuch-schulpflicht/schulfahrten
Rechtliche Rahmenbedingungen
Schulfahrten sind auch Unterricht an einem anderen Ort, d. h. es gelten die gleichen Gesetze und Bestimmungen oder Erlasse wie in der Schule auch. Davon ausgenommen sind jedoch die klassischen (aushäusigen) Besuche von Polizei, Feuerwehr, Bücherei usw. Dies sind unterrichtsbedingte Fahrten/Unterrichtsgänge zu außerschulischen Lernorten und keine Schulfahrten.
Dauer und Anzahl
In der Grundschule können lt. „Schulfahrtenerlass“ in den Jahrgängen 1 und 2 bis zu sechs eintägige Schulfahrten (Wandertage) durchgeführt werden, davon dürfen bis zu 4 Tage mit Übernachtung (Klassenfahrt) sein. Die Elternschaft muss dem zustimmen.
In den Jahrgängen 3 und 4 können bis zu acht eintägige Schulfahrten (Wandertage) durchgeführt werden, davon bis zu 5 Tage mit Übernachtung (Klassenfahrt).
In beiden Fällen werden die Tage für die Klassenfahrten von der Gesamtzahl der zur Verfügung stehenden Tage abgezogen. Maximal wären somit in einer vierten Klasse eine fünftägige Klassenfahrt sowie 3 Wandertage im Schuljahr möglich.
Wichtig:
Schulfahrten dürfen – mit Zustimmung der Elternschaft – auch ein Wochenende oder gar Feiertage einschließen!
Was ist Pflicht?
Hier müssen wir wieder zwischen den eintägigen Schulfahrten ohne Übernachtung (Wandertag) und den mehrtägigen Schulfahrten mit Übernachtung (Klassenfahrt) unterscheiden:
Wandertag:
Der Wandertag ist eine verpflichtende Schulveranstaltung. Es besteht eine Teilnahmepflicht. Wenn für den Wandertag Kosten entstehen, so sind diese von den Eltern zu tragen (vgl. NSchG § 71 Abs. Satz 2). Wandertage sind sowohl für Lehrkräfte als auch Schülerinnen und Schüler verpflichtend. Sieht z. B. das Schulprogramm vor, dass Wandertage im Schuljahr stattfinden sollen, so sind sie auch durchzuführen.
Klassenfahrt:
Anders sieht es bei den Schulfahrten mit Übernachtung aus. Hier können weder die Lehrkräfte noch die Schülerinnen und Schüler zur Teilnahme an einer Klassenfahrt verpflichtet werden. Da bei Nichtteilnahme die Schulpflicht nicht umgangen werden kann, müssen die Schülerinnen und Schüler, die nicht mitfahren, in der Zwischenzeit am Unterricht einer anderen Klassen teilnehmen.
Kosten der Schulfahrt
Ein wichtiges Thema bei den Schulfahrten sind deren Kosten. Während die Kosten von Wandertagen sich meist in überschaubaren Grenzen halten, sind Klassenfahrten doch ein Faktor, der die Haushaltskasse stark belasten kann. Für beide Arten von Klassenfahrten gilt, dass die Kosten im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepaketes voll übernommen werden (sofern man anspruchsberechtigt ist). Hierzu ist der Antrag auf Kostenübernahme jedoch frühzeitig, insbesondere deutlich vor Beginn der Schulfahrt zu stellen. Geht der Antrag verspätet oder nach der Schulfahrt ein, können die Kosten nicht mehr übernommen werden.
Viele Schulträger habe einen Schülerfonds, der eine Schulfahrt voll oder teilweise bezuschusst, wenn man keinen Anspruch auf Kostenübernahme im Rahmen des Bildungs- und Teilhabepaketes hat und trotzdem das Geld für die Schulfahrt nicht oder nicht vollständig aufbringen kann. Informieren Sie sich hier auch beim Schulträger oder der Schulleitung. Denn, es darf m. E. nicht sein, dass ein Kind aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht an einer Schulfahrt teilnehmen kann/darf!
Da die Beträge immer vor der Schulfahrt eingesammelt oder eingefordert werden, kommt es eher selten zu Zahlungsverzügen. Sollte es aufgrund von individuellen Umständen dennoch so sein, dass trotz fehlender Zahlung Ihrerseits ihr Kind an der Schulfahrt teilgenommen hat, entbindet Sie das natürlich nicht von der Pflicht, die Kosten schnellstens zu begleichen. Auch können Sie durch das Nichtbezahlen in Zahlungsverzug geraten. Im schlimmsten Fall wird der Vorgang an die Landesschulbehörde abgegeben, die wiederum als Behörde einen Mahnbescheid erstellen kann und auch wird. Schließlich sind die Rechnungen für z. B. den Reisebus und die Jugendherberge zeitnah von der Schule zu begleichen.
Nichtteilnahme
Wie schon oben erwähnt, kann man sich sowohl als Lehrkraft als auch als Schüler einem Wandertag nicht entziehen. Bei Klassenfahrten ist die Teilnahme mehr oder weniger freiwillig. Das bedeutet, dass sowohl Lehrkräfte als auch Eltern der Teilnahme zustimmen müssen. Die Lehrkräfte machen dies, indem sie bei der Schulleitung einen Antrag auf Genehmigung einer Klassenfahrt stellen. Die Eltern ihrerseits unterschreiben, dass Sie mit der Teilnahme des Kindes einverstanden sind und verpflichten sich auch gleichzeitig, die Kosten dafür zu tragen. Nun gibt es vielerlei Gründe, die Erlaubnis zur Teilnahme (Eltern) zu verweigern oder eine Klassenfahrt nicht durchführen zu wollen (Lehrkräfte). Hier sollten jeweils beide Seiten in beiden Konstellationen die Situation als solche akzeptieren und mit Verständnis der Sache begegnen, denn niemand kann gezwungen werden.
ungewollte Nichtteilnahme
Sie kennen Murphys Gesetz. Am Abend vor der Klassenfahrt erkrankt Ihr Kind so stark, dass es nicht an der Klassenfahrt teilnehmen kann. Auch wenn gefühlsmäßig die Leistung „Klassenfahrt“ nicht in Anspruch genommen wird, so haben Sie dennoch erst mal die Kosten zu tragen, oder haben diese schon beglichen. Viele Jugendherbergen erstatten bei Erkrankung (Attest) die Kosten der gebuchten Übernachtung. Umlagebeiträge jedoch sind, wie beim Reisebus zum Beispiel, nicht im Nachhinein auf die geringere Zahl der Teilnehmer neu zu kalkulieren. Gehen Sie davon aus, dass Sie nur einen Teil der Kosten zurückerhalten. Hier sollte immer eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen werden. Es gibt viele Anbieter, die das sehr formlos und preisgünstig (ca. EUR 10,– / Person) anbieten. Sofern das von der Schule nicht selbstständig abgeschlossen wird, sollten Sie als Elternschaft immer darauf drängen, dass eine solche Versicherung für alle abgeschlossen wird. Damit sind alle auf der sicheren Seite und es werden erhebliche Unannehmlichkeiten und Mühen vermieden.
Gleiches gilt auch, wenn die betreuende Lehrkraft erkrankt. Zwar wird die Schule versuchen, eine andere Lehrkraft einzusetzen. Wenn dies aber kurzfristig nicht möglich ist, kann eine Klassenfahrt auch abgesagt werden. Hier muss jedoch die Schule dafür einstehen, da Sie als Eltern die Absage nicht zu verantworten haben.
vorzeitiges Ende bei Fehlverhalten
Mit der Erlaubnis der Teilnahme zur Klassenfahrt werden Sie auch einen Passus unterschreiben, indem Sie zur Kenntnis nehmen und sich verpflichten, Ihr Kind bei groben Pflichtverletzungen auf eigene Kosten vom Veranstaltungsort vorzeitig abzuholen. Ohne diesen Passus wird eine Klassenfahrt nicht genehmigt. Anders wiederum gibt das niedersächsische Schulgesetz in Verbindung mit § 61 (Ordnungsmaßnahmen) m. E. ausreichend rechtliche Möglichkeiten, auch bei Fehlen des besagten Satzes, ein Kind auf Kosten der Eltern vom Veranstaltungsort abholen zu lassen. Wichtig ist, dass das Fehlverhalten eine Ordnungsmaßnahme rechtfertigt und die ordnungsgemäße Durchführung der Schulfahrt nicht mehr gewährleistet werden kann.
Nun gibt es Eltern, die damit nicht einverstanden sind und allein aus Protest schon sagen, dass sie gerade nicht in der Lage sind (aus welchen Gründen auch immer), ihr Kind abzuholen. Dieser Umstand wird das Verbleiben des Kindes am Ort nicht verlängern! Die Lehrkraft wird bei den hiesigen Behörden Amtshilfe erbitten. Das kann dazu führen, dass Ihr Kind von der Polizei zum Bahnhof gebracht und in Begleitung der Bundespolizei (die ist für Bahn und Flug zuständig) mit dem Zug zum Heimatbahnhof gefahren wird. Von dort geht es dann wieder mit Unterstützung der örtlichen Polizei zu Ihnen nach Hause. Die Kosten hierfür wird man Ihnen sehr wahrscheinlich auch/zusätzlich in Rechnung stellen.
Auch wenn das oben Beschriebene das letzte Mittel ist – es ist eine Handlungsmöglichkeit. Im Konfliktfall sollten alle besonnen reagieren und eine vernünftige Lösung finden.